Ab und an kommt es vor, dass wir die Kinder morgens gemeinsam zum Kindergarten bringen – mein Mann und ich. Wie an diesem schönen Vormittag im Frühling. Als wir am Kindergarten ankommen, stehen da zwei Mütter und unterhalten sich. Wir bringen unsere beiden Kinder weg und steuern den Supermarkt in der Nähe an. Das ist die normale Runde. Die beiden Mütter stehen da immer noch und quatschen. Wir grüßen und gehen einkaufen. Kurze Zeit später schieben wir unseren Jüngsten und den Einkauf nach Hause, vorbei an den beiden Müttern, die da immer noch stehen und quatschen.

Mein Mann schüttelt den Kopf und zieht die Augenbrauen zusammen. „Die Zeit hätte ich auch gerne“, brummt er, und ein Teil von mir kann den Gedanken verstehen. Doch dann kommt mir ein anderer Gedanke, und ich finds nicht okay, dass er so über die beiden urteilt.

 

Mütter 2018, halb zehn, in Paderborn (oder sonstwo in Deutschland)

Die Welt ist ungerecht, das wird einem allerspätestens klar, wenn man Mutter ist. Als Mutter kann man es nämlich niemandem Recht machen – weder der eigenen Mutter, noch den Kindern, noch dem Vater der Kinder, noch irgendwelchen anderen Müttern oder Leuten und am wenigsten sich selbst. Geht mir jedenfalls so.

Warum das so ist? Weil wir alle irgendwelche Vorstellungen und Erwartungen an Mütter haben. Unsere Ehemänner wollen, dass wir „gute Mütter“ und attraktive Geliebte sind, unsere Arbeitgeber wollen, dass wir unsere Arbeit machen, unsere Kinder wünschen sich Eis, Schokolade, Spielsachen und länger aufbleiben und alle anderen erwarten, dass wir all diese Erwartungen hingebungsvoll, perfekt gestylt und mit einem Lächeln erledigen.

Und wenn wir dann eine andere Mama vorm Kindergarten treffen, wird offenbar erwartet, dass wir nett grüßen, aber dann schnell weiter hechten – an die Arbeit, nach Hause oder weiß der Geier wohin. Von mir aus auch zum Friseur. Aber bitte nicht stehen bleiben und quatschen! Das könnte den *ironieon* wirklich hart arbeitenden Menschen *ironieoff* in diesem Land sauer aufstoßen!

 

Mütter vorm Kindergarten… die ham wohl Zeit?

Ich steh da auch manchmal und treffe eine nette andere Mama, und dann ergibt sich manchmal ein echt nettes Gespräch. Eigentlich haben wir beide keine Zeit, aber wir sehen uns sonst nie, und so tauschen wir Neuigkeiten aus. Die aktuellsten Sorgen, die großen und die kleinen Themen. In einem solchen kurzen Tür-und-Angel-Gespräch habe ich überhaupt erst mitbekommen, dass sich eine Mama, die ich „vom Sehen“ schon lange kenne, mitten in der Scheidung befindet und damit tief in einer Krise steckt.

Eine andere Mutter teilte mir in genau so einem Gespräch vorm Kindergarten mit, dass sie eine Fehlgeburt hatte. Und ich selbst bin mal  hochschwanger und mit vorzeitigen Wehen aufgrund von Stress einer anderen Mutter weinend in die Arme gefallen. Vorm Kindergarten. Sie hat mich dann endgültig zum Frauenarzt geschickt, der mir dann ein Berufsverbot erteilte.

Nicht immer sind die Gespräche so dramatisch. Aber man tauscht sich aus, organisiert sich, unterstützt sich gegenseitig allein durchs Zuhören. Und manchmal Hilfe anbieten. Bevor man dann wieder loshechtet – einkaufen, putzen, Essen kochen, arbeiten, Garten machen, Kind mittags pünktlich schlafen legen, Hausaufgaben kontrollieren, Wäscheberge abarbeiten…

„Die Zeit hätte ich gerne“, sagte mein Mann. Und ja, ich kanns aus seiner Sicht auch nachvollziehen. Er sitzt um neun üblicherweise bereits zwei Stunden im Büro und wird dann noch weitere sieben oder acht oder neun Stunden arbeiten. Und doch denke ich mir: Ich nehme mir die Zeit auch mal gern – selbst wenn ich danach dem Rest des Tages hinterhertanze.

da stehen sie und quatschen

Author

Sonja alias Padermama - kreativ-wilde Mama von vier Kindern. Liebt ihren Garten, Nähen und laute Musik.

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