Vor einiger Zeit (ok, es ist schon ziemlich lange her) habe ich ein Buch zum Thema „Fotografieren lernen“ vorgestellt. Da die Resonanz sehr groß war, habe ich beschlossen das Thema nun selbst aufzugreifen und ein paar Tricks und Kniffe zum Fotografieren lernen weiterzugeben: Was musst Du als Anfänger beachten? Wie fängt man am besten an?
Lebendige Erinnerungen
Am Anfang war da der Wunsch nach richtig schönen Fotos. Fotos sind Erinnerungen, so wertvoll wie der Moment, in dem sie entstehen. Wenn man Kinder von Geburt an begleitet, schwinden diese Momente viel zu schnell – die Kinder verändern sich jeden Tag, und es bleiben nur Erinnerungen an jenes erste Lachen, das erste Greifen mit den Händchen, das erste Krabbeln.
Und schon stehen sie auf dem 3m-Sprungbrett, schießen ihren ersten Elfmeter, singen beim Schulmusical oder werden Klassensprecher, lernen ein Instrument und machen ihre erste Klassenfahrt.
Kindheiten haben so viele wunderbare Stationen – für mich begann die Reise als „Mamateur“-Fotografin mit unserer ersten Tochter und dem Wunsch all diese Stationen sozusagen dokumentarisch einzufangen.
Dabei wollte ich nicht nur mit dem Handy kleine Filmchen und Schnappschüsse („Guck mal! Lächeln“) machen, sondern echte Momente einfangen. Ich wollte die Geschichte des Moments erzählen und die Gefühle zeigen, die Liebe und Dankbarkeit, die jeder Erinnerung und jedem Moment innewohnen.
Doch wie geht das, das man solche Bilder macht? Wie kommt man vom Knipsen zum guten Foto? Wie werden die Bilder lebendig und „echt“ ohne gestellt zu wirken?
Du und die Kamera: Voreinstellungen
Vielleicht besitzt Du schon eine digitale Spiegelreflexkamera und Du weißt aber nicht, wie Du damit umgehen sollst? Keine Sorge: Wir sind alle so angefangen! Um die Technik kommen wir nicht ganz herum, aber ich versuche Dir den Einstieg leicht zu machen.
Es gibt erstmal zwei Einstellungen, die wichtig sind: Das erste sind die Automatik-Programme. Das ist dieses Rädchen mit den Symbolen für Portrait, Landschaft, Blitz usw. Es ist überhaupt keine Schande erstmal mit der Voreinstellung zu fotografieren und damit so Sachen wie Bildaufbau zu üben (komme ich gleich noch zu). Gerade wenn es schnell gehen muss, sind diese Einstellungen Gold wert, und ich mache damit auch eine Menge Aufnahmen.
Das zweite ist das Speicherformat. Egal welche Kamera Du verwendest, sie wird wahrscheinlich Bilder im *.jpg – Format anbieten und Bilder im *.raw – Format (bei Nikon heißt das *.nef). Schau am besten in deiner Gebrauchsanweisung, wie Du das einstellst, dass Du Bilder in dem Format abspeicherst. Meist geht auch beides, das kostet aber ne Menge Speicherplatz.
Wichtig an dieser Stelle: *.raw bzw, *.nef kann nicht jedes Programm lesen! Um die Bilder am PC bearbeiten zu können, brauchst Du ein gutes Bildbearbeitungsprogramm. Ich arbeite mit Photoshop, aber es gibt da auch kostenlose Alternativen, die ich noch separat vorstelle. (Wenn Du anfangs kein geeignetes Programm parat hast, fotografiere einfach in *.jpg.)
Warum ist das mit dem *.raw-Format wichtig? Nun, das ist sozusagen das „digitale Negativ“. Da kannst Du im Nachhinein ALLES ändern, z.B. auch Nachbelichten, schärfen, etc. Das geht selbst mit guten Bearbeitungsprogrammen nur begrenzt bei einem *.jpg.
Falls Du aber gerade erst anfängst, nicht verzweifeln: Ich werde in weiteren Artikeln mehr zu Bildbearbeitung schreiben, und Du solltest es Dir auch erstmal einfach machen mit den ganz einfachen Einstellungen (Portrait, Landschaft…) und dem *.jpg-Format.
Auf Objektive gehe ich heute auch noch nicht ein – die sind auf jeden Fall wichtiger als die Kamera. Ich fotografiere z.B. seit zehn Jahren mit einer Nikon D80. Die bekommst Du heute gebraucht ab 120€, und die ist immer noch gut. Ab und zu kaufe ich dann ein gutes, neues Objektiv – z.B. dieses hier ist ein recht günstiges mit Festbrennweite für die Nikon-DX-Reihe* – und habe so langfristig viel Freude an der Fotografie.
Erste Schritte beim Fotografieren lernen: Draußen und ohne Blitz!
So, Du hast jetzt Deine Kamera, hast auf Portrait gestellt, und sie speichert im *.jpg und *.raw-Format ab. Dann kann es losgehen!
Geh am besten raus, gern zur Nachmittagssonne. Wir fotografieren OHNE Blitz. Blitze sind schrecklich und der natürliche Feind der Fotografie, zumindest die integrierten Blitze, die wir NIE NIE NIE verwenden. Ich habe KEIN Blitzefoto, das schön oder aufhebenswert ist. KEINS. Rote Augen, blasse, erschreckte Gesichter vorm Weihnachtsbaum…nö. Einfach nö. Das sieht kacke aus, und nur Omas freuen sich über solche Erinnerungsfotos (sagen sie zumindest).
Innenfotos ohne Blitz sind nicht so einfach, deshalb lassen wir das Thema heute. Wir gehen raus in die Sonne, am liebsten am Nachmittag, und machen mit den Kindern einen schönen Ausflug, wo wir alle entspannt sind und man gut üben kann. Hilfreich ist ein Teleobjektiv* (achte auf die Kompatibilität mit Deiner Kamera!) – dann kannst Du unbemerkt aus der Ferne ranzoomen und so tolle Momente einfangen. Nichts ist schlimmer als gestellte Grinsefotos, außer vielleicht gestellte Grinsefotos mit Blitz und roten Augen vorm Weihnachtsbaum.
Den eigenen Stil finden – wo anfangen?
Warum keine gestellten Fotos? Nun, ich mache am liebsten Fotos, bei denen niemand bemerkt, dass ich gerade abdrücke. Ich finde diese ganzen Selfies mit Daumen hoch vor der Freiheitsstatue einfach zum Würgen, und ich wette, es geht Dir da ähnlich. Da fehlt jegliche Ästhetik und Fantasie. Das sind austauschbare, seelenlose Bilder, aber keine Portraits!
Um Deine Bildsprache und Deinen Stil zu finden, frage Dich: Bei welchen Bildern hältst Du beim Scrollen auf Instagram inne? Daumen-hoch-Selfie, Blitzeportrait, oder…? Welche Bilder inspirieren Dich? Welche Bilder erzählen eine Geschichte? Und wie schaffen sie das? Such Dir vielleicht drei oder vier Fotografen auf Instagram, deren Stil Dir gefällt, und analysiere die Bilder für Dich. Du findest die z.B. auf Instagram unter Hashtags wie „Photography“. Klick einfach auf Profile, Bilder, abonniere, was Dir gefällt.
Darf man sich was von den Profis abschauen? – Na klar! Auch durch das Nachstellen lernt man ja was dazu. Und je mehr Du Dich mit Perspektive, Licht und Motiv beschäftigst, desto mehr wirst Du eigene Ideen haben. Die digitale Fotografie hat ja auch den ultimativen Vorteil, dass Du Fehlversuche löschen kannst. Du hast nicht mehr nur 24 oder 36 Bilder, sondern kannst wirklich viel experimentieren.
Versteh mich nicht falsch: Ich bitte auch mal Passanten darum uns als Familie zu fotografieren, und ich mache auch gestellte Gruppenfotos meiner Kinder. Aber nicht so dieses platte „und jetzt cheese“. Diese Bilder schaffen es selten an unsere Wände.
Dieses Bild ist z.B. an einem Nachmittag auf einem Ausflug zu einer Burg entstanden. Licht, der dunkelblaue Pulli und die rote Ziegelwand harmonierten (zufällig) perfekt. Und mein Sohn hat gar nicht mitbekommen, dass ich ihn fotografiert habe. Solche Momente kann man nicht wirklich planen – deshalb habe ich auf Ausflügen immer die Kamera dabei und nehme es dann, wie es kommt. Die Voreinstellungen helfen hier enorm, dann muss ich nicht ewig mit Blende und Belichtungszeit rumprobieren. – wer im *.raw-Format fotografiert, kann das auch im Nachhinein mit Photoshop oder einem anderen Programm noch einstellen.
Aufgehängt im Großformat werden bei uns die Bilder, die eine Geschichte erzählen, die einen Moment einfangen, die eine Seele haben.
Und um das zu schaffen, musst Du einfach üben ;). Ich hoffe, ich konnte Dir mit diesen ersten Tipps den Start ein bisschen erleichtern und Dir gleichzeitig Mut machen. Hast Du besondere Fragen? Dann stell sie hier, und ich gehe gern im nächsten Artikel darauf ein.